Ausgezeichnet werden Qualifikationsarbeiten im Feld der Umwelt- und sozial-ökologischen Nachhaltigkeitsforschung an der Goethe-Universität.
FRANKFURT. Die Preisträger*innen stehen fest: Der „Frankfurter Preis für Umwelt und Nachhaltigkeit 2022“ geht in diesem Jahr an insgesamt fünf Nachwuchswissenschaftler*innen der Goethe-Universität. Lukas Sattlegger (Fachbereich Gesellschaftswissenschaften) und Lisa Zimmermann (Fachbereich Biowissenschaften) erhalten für ihre Dissertationen jeweils die Hauptpreise, Natalie Reininger (Fachbereich Biowissenschaften), Katrin Wagner (Fachbereich Geowissenschaften/Geographie) und Alexandra Werwitzke (Fachbereich Geowissenschaften/Geographie) für ihre Masterarbeiten bzw. Wissenschaftlichen Hausarbeiten jeweils die Förderpreise. Ausgewählt wurden die Preisträger*innen vom Kuratorium Frankfurter Preis für Umwelt und Nachhaltigkeit unter Vorsitz von Professorin Birgit Blättel-Mink. Der „Frankfurter Preis für Umwelt und Nachhaltigkeit 2022“ (Haupt- und Förderpreis) wird vergeben für Qualifikationsarbeiten im Feld der Umwelt- und sozial-ökologischen Nachhaltigkeitsforschung. In diesem Jahr kooperiert das Kuratorium bei der Ausstattung und der Preisverleihung mit dem GRADE Center Sustain der Goethe-Universität.
Verleihung
Frankfurter
Preis für Umwelt und Nachhaltigkeit 2022
Montag, 21.
November 2022,
ab 14 Uhr
Renate von Metzler
Saal (Casino, Campus Westend).
Mit Vorträgen der
beiden Haupt-Preisträger*innen.
Laudator*innen: Dr. Carolin Völker (ISOE/FB 15 - Biowissenschaften) und
Prof. Dr. Martin
Schmidt (FB 14 - Biochemie, Chemie und Pharmazie).
Die
beiden Preisträger*innen im Bereich Hauptpreise
Lukas Sattlegger
hat sich in seiner Dissertation im Fach Soziologie mit „Schwierigkeiten und
Potentiale der Verpackungsvermeidung – Eine Arbeitsethnographie im
Lebensmittelhandel“ beschäftigt. In seiner Arbeit, die im Rahmen der
transdisziplinär angelegten BMBF-Nachwuchsforschungsgruppe „PlastX –
Kunststoffe als systemisches Risiko für sozial-ökologische Versorgungssysteme“
erstellt wurde, befasst Sattlegger sich aus praxistheoretischer Perspektive mit
folgender Frage: „Wie wird im Lebensmittelhandel mit und an Verpackungen
gearbeitet?“ Ethnographisch an mehreren Orten des Lebensmittelhandels
arbeitend, identifiziert er eine Vielzahl von spezifischen Funktionen von
Verpackungen insbesondere im Supermarkt, die bei einer Transformation hin zu
einer nachhaltigeren Verpackung berücksichtigt werden müssen, so die
Gutachter*innen Prof'in Dr. Birgit Blättel-Mink und Prof. Dr. Thomas Scheffer,
beide Fachbereich 03 – Gesellschaftswissenschaften. So untersuchte er den
Transformationsprozess hin zur Vermeidung von Plastikverpackungen in einem Bio-Großhandel
(Problematisierung und Substitution von Plastikfolie in der Palettensicherung
unter Aushandlung der Beziehung von menschlichen und nicht-menschlichen
Akteuren) und schließt aus einer Analyse der Beziehungen zwischen den
Arbeiter*innen und dem Plastik, dass nicht einfach auf Plastik verzichtet
werden kann, sondern erst neue Praktiken für den Umgang mit dem Plastikersatz
entwickelt werden müssen.
„Toxicity
of Plastic Consumer Products: A Biological, Chemical and Social-Ecological
Analysis“ war das Thema der zweiten Preisträgerin des Hauptpreises, Lisa
Zimmermann, deren Dissertation im Fach Aquatische Ökotoxikologie
angesiedelt ist. Sie nehme in ihrer Dissertation (ebenfalls:
BMBF-Nachwuchsforschungsgruppe „PlastX – Kunststoffe als systemisches Risiko
für sozial-ökologische Versorgungssysteme“ am ISOE) eine umfassende
toxikologische und chemische Charakterisierung der chemischen Gemische vor,
welche in einem Großteil von Alltagskunststoffen enthalten sind und vielfach
aus diesen austreten, so die Gutachter*innen des Fachbereichs 15 –
Biowissenschaften, Dr. Carolin Völker (ISOE/FB15) und Prof. Dr. Jörg Oehlmann
(FB15). Ihre Auswahl umfasst Alltagsprodukte sowie Produkte bestehend aus
biobasierten und bioabbaubaren Materialien, welche als nachhaltigere Alternativen
zu konventionellen Kunststoffen beworben werden. In ihren In-vitro- und
In-vivo-Toxizitätsuntersuchungen konnte Lisa Zimmermann mehr als 1400
Chemikalien nachweisen, welche mehrheitlich mit chemischer Analytik nicht
identifizierbar waren und somit in Risikobewertungen nicht berücksichtigt
werden.
Im Bereich Förderpreise gibt es drei Preisträgerinnen
Natalie Reininger
hat sich in ihrer Masterarbeit im Fach Umweltwissenschaften mit dem Thema
„Comparative Study of Bisphenol A and of Selected Analogues in in Vitro and in
Vivo Tests“ beschäftigt. Für Bisphenol A (BPA), eine in großen Mengen als
Weichmacher in der Plastikproduktion verwendeten Substanz, die sich nun auch in
relevanten Mengen in der Umwelt findet und diverse unerwünschte bzw. schädliche
Auswirkungen auf Organismen und Ökosysteme hat (z.B. östrogene Wirkung), wurden
Ersatzstoffe entwickelt (Bisphenolanaloga). Natalie Reininger habe die
ökotoxikologischen Wirkungen von sechs dieser Ersatzstoffe untersucht,
schreiben die beiden Gutachter des Fachbereichs 15 – Biowissenschaften, Prof.
Dr. Jörg Oehlmann und Prof. Dr. Henner Hollert.
Dafür
hat sie umfangreiche In-vitro und In-vivo-Untersuchungen zur biologischen
Wirkung der Substanzen durchgeführt. So wurden Mutagenität, Basistoxizität und
endokrine Aktivität mit In-vitro-Assays untersucht sowie Reproduktionstests mit
einer Wasserschnecke durchgeführt. Die Untersuchungen zeigen, dass die
verwendeten Ersatzstoffe ebenfalls problematisch, d.h. toxisch sind, und z.T.
stärkere unerwünschte Wirkungen haben als Bisphenol A.
„Hydroclimate
Reconstruction from Annually Laminated Lake Sediments from Kapp Linné,
Svalbard, Norwegian High Arctic“ – so lautete das Thema von Katrin Wagners
Masterarbeit im Fach Physische Geographie. Die Arktis sei ein besonders
empfindliches Ökosystem, und im gegenwärtigen globalen Klimawandel ein Ort
massiver Veränderungen durch rapide Erwärmung, so die Gutachter des Fachbereichs 11 - Geowissenschaften/Geographie, Prof.
Dr. Jürgen Wunderlich (FB 11) und Prof. Michael J. Retelle (Bates College,
Lewiston, USA). In der Arktis stieg die Jahresmitteltemperatur in den letzten
fünf Dekaden etwa dreimal so schnell wie im globalen Mittel. Diese besonders
drastische Erwärmung habe nicht nur starke Konsequenzen für das polare Ökosystem,
sondern auch einen Einfluss auf das globale Klima durch die Veränderung von
globalen Zirkulationsmustern in Atmosphäre und Ozeanen. Katrin Wagner befasste
sich in ihrer Arbeit mit der Analyse eines Sedimentbohrkernes in einem
proglazialen See (Linnévatnet am Kapp Linné) im westlichen Spitzbergen. Durch
die Auswertung des Bohrkerns sollten die Klimaänderung im westlichen
Spitzbergen in einen historischen Kontext eingeordnet und insbesondere die
Frage sich ändernder Niederschlagsmuster untersucht werden.
„Auswirkungen
des ‚Great Garuda Sea Wall'-Projekts auf Fischerei und Fisch im Küstengebiet
Jakartas“: Damit beschäftigte sich Alexandra Werwitzke in ihrer
Wissenschaftlichen Hausarbeit im Lehramt. Das Verhältnis von ökonomischen und
ökologischen Zielen müsse in gesellschaftlichen und politischen Diskussionen
stets mühsam verhandelt werden und unterliegt dabei nicht zuletzt verschiedenen
Vorstellungen von Natur und Nachhaltigkeit, schreiben die beiden
Gutachter*innen Prof'in Dr. Antje Schlottmann und Dr. Eva Nöthen, Fachbereich
11 – Geowissenschaften/Geographie. Die Abschlussarbeit von Alexandra Werwitzke
widmet sich diesem Spannungsfeld. Am Beispiel des von der Regierung Indonesiens
in Zusammenarbeit mit den Niederlanden geplanten Projekts Great Garuda Sea Wall
(GGSW) wurde mittels einer Diskursanalyse die interessengruppenspezifische
Darstellung der Auswirkungen des Projekts auf Fischerei und Fischfauna
analysiert. Im Ergebnis würden die prekäre Situation Jakartas und die sich
zuspitzende ökologische Handlungsdringlichkeit zwar sowohl von Seiten der
Regierung als auch von lokalen Oppositionellen wahrgenommen, allerdings in
unterschiedlichen Argumentationssträngen.
Kontakt:
Prof'in
Dr. Birgit Blättel-Mink, Vorsitzende des Kuratoriums, Fachbereich 03/
Gesellschaftswissenschaften, Goethe-Universität. Tel. (069) 798 36661, E-Mail: b.blaettel-mink@soz.uni-frankfurt.de