Bundesforschungsministerium fördert Zukunftscluster PROXIDRUGS – Goethe-Universität und Partner aus Wissenschaft und Industrie setzen sich im bundesweiten Wettbewerb durch
Die Entwicklung neuartiger Wirkstoffe, die gezielt krankheitsrelevante Proteine im Körper abbauen, steht im Fokus des Zukunftsclusters PROXIDRUGS. Die Goethe-Universität Frankfurt koordiniert den Verbund, zu dem Forscher:innen der TU Darmstadt, der Universität Heidelberg, des Fraunhofer-Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie, des Max-Planck-Instituts für Biophysik sowie pharmazeutische und biotechnologische Unternehmen im Rhein-Main-Gebiet gehören. PROXIDRUGS konnte sich in der Finalrunde des Clusters4Future Wettbewerbs des Bundesforschungsministeriums als eines von sieben geförderten Projekten durchsetzen und wird nun mit bis zu 15 Millionen Euro gefördert.
FRANKFURT. Viele
Krankheiten werden durch außer Kontrolle geratene oder fehlerhaft
funktionierende Proteine verursacht. Etablierte Strategien der
Wirkstoff-Forschung zielen daher darauf ab, Proteine zu blockieren, um
beispielsweise das unkontrollierte Wachstum von Krebszellen zu stoppen.
Allerdings lassen sich nur 20 Prozent aller krankheitsrelevanten Proteine, die
zum Beispiel bei neurodegenerativen Leiden, bei Herz-Kreislauf- und
Entzündungskrankheiten sowie bei Infektionen eine Rolle spielen, durch
klassische, kleine Moleküle blockieren. Die verbleibenden 80 Prozent der
krankheitsrelevanten Proteine sind bislang therapeutisch nicht zugänglich.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von PROXIDRUGS wollen
jetzt die Entwicklung einer neuen Wirkstoffklasse vorantrieben, die das
zelleigene Verwertungssystem für Proteine einbezieht. PROXIDRUGS-Koordinator
Prof. Ivan Dikić vom Institut für Biochemie II der Goethe-Universität erläutert:
„Unser Körper besitzt ein ausgeklügeltes System, um defekte, überflüssige oder
schädliche Proteine zu entsorgen. Dieses System werden wir nutzen, um
krankheitsrelevante Proteine gezielt abzubauen.“
Im Stoffwechsel jeder Zelle werden ständig Proteine gebildet und
wieder abgebaut. An abzubauende Proteine hängt die Zelle das kleine Protein
Ubiquitin an. Dies geschieht mithilfe bestimmter Enzyme, sogenannter
E3-Ligasen. Die Ubiquitin-Markierung signalisiert dem „Schredder“ der Zelle
(Proteasom), dass die markierten Proteine nicht mehr gebraucht und stattdessen
abgebaut und recycelt werden können.
PROXIDRUGS-Forscherinnen und Forscher wollen nun Wirkstoffe
entwickeln, die krankheitsrelevante Proteine in die räumliche Nähe
(„proximity“) solcher E3-Ligasen bringen. Damit erhalten krankheitsrelevante
Proteine die Abbau-Markierung mit Ubiquitin und werden von der Zelle selbst
entsorgt.
Prof. Dikić: „Proximitäts-induzierende Wirkstoffe, kurz Proxidrugs, sind eine
der vielversprechendsten neuen Arzneimittelklassen in der biomedizinischen
Forschung. Gemeinsam mit den Partnern aus der Industrie wollen wir diese
innovativen Wirkstoffe systematisch erforschen und neuartige Arzneimittel gegen
Krebs, neurodegenerative Erkrankungen sowie bakterielle und virale Infektionen
entwickeln. Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, haben wir das ‚Frankfurt
Center for Innovation and Technologies' an der Goethe-Universität als
akademischen Hub etabliert, in dem alle notwendigen Technologien gebündelt
werden.“
Der Präsident der Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Enrico
Schleiff, unterstreicht die Bedeutung des Zukunftsclusters PROXIDRUGS als
„Transfer-Beschleuniger“ für die Rhein-Main-Region: „Mit PROXIDRUGS treiben wir
die Erforschung einer neuartigen Wirkstoffklasse voran, aus der durch die
Einbindung unserer Partner schneller als bisher anwendungsreife Medikamente
entwickelt werden können. PROXIDRUGS stellt eine konsequente Weiterentwicklung
der Transferstrategie der Goethe-Universität aufbauend auf unseren
Leuchtturmprojekten in der biomedizinischen und pharmazeutischen Forschung dar,
zu denen seit wenigen Tagen auch das durch Hessen geförderte Clusterprojekt
ENABLE zählt. Mit PROXIDRUGS können wir die Erkenntnisse aus unseren
Forschungsfeldern in der Strukturbiologie, chemischen Biologie, Biochemie,
Pharmazie und Zellbiologie auch in wirtschaftliche Wertschöpfung transferieren.
Zusammen mit unseren starken Partnern in Wissenschaft und forschender Industrie
der Rhein-Main-Region werden wir dadurch einen entscheidenden Beitrag in einem
hochaktuellen Feld der Wirkstoff-Forschung leisten.“
Der „Clusters4Future“-Wettbewerb des Bundesforschungsministeriums
startete im Sommer 2019 als Teil der Hightech-Strategie 2025 mit dem Ziel, in
regionalen Spitzenstandorten den Wissens- und Technologietransfer zu fördern.
Aus 137 Wettbewerbsskizzen wurden zunächst 16 Finalisten ausgewählt, die ab Mai
2020 die Skizzen zu einem Konzept ausarbeiten konnten. PROXIDRUGS wird jetzt
als eines von 7 Zukunftsclustern zunächst für die Dauer von drei Jahren
gefördert.
Koordinator PROXIDRUGS:
Prof.
Dr. Ivan Dikić
Institut
für Biochemie II, Universitätsklinikum der Goethe-Universität Frankfurt
und
Buchmann-Institut für molekulare Lebenswissenschaften
Tel:
+49 (0) 69 6301-5964,
dikic@biochem2.uni-frankfurt.de